Ein Augenblick am Meer

Ich kann nicht sagen, wo der Strand aufhört und das Meer anfängt. Das weite, endlos erscheinende Meer, welches ich anstarre. Ich bin hierhergefahren, um zu wissen, wer ich bin. Um zu sein, wer ich wirklich bin. Es ist so schwer, man selbst zu sein, wenn man ständig vor sich selbst wegläuft. Und ich war müde vom Weglaufen. Also lief ich zum einzigen Ort, der mir das Gefühl gab, nicht weiter weglaufen zu können. Wenn ich das Rauschen in meinen Ohren höre, gleicht sich meinem Herzschlag ihm an. Mein Blutdruck fährt runter und ich kann das erste Mal richtig Atmen. Die Meeresbrise umspielt meine Nase und lässt mich das Salz des Meeres riechen. Anders als meine Tränen, hat es was Tröstliches. Meine Füße berühren mit ihren Spitzen die aufschäumenden und sich wieder wegbewegenden Wellen. Ich weiß, ich kann nur bis hierhin laufen und nicht weiter. Das Leben, welches ich führe, ist von hier gesehen weit weg. Genauso weit weg, wie das Ende des Horizontes, welches ich entgegenblicke. Wäre die Erde nicht rund, würde dort hinter etwas Unbekanntes lauern; doch so kommt man nur wieder am selben Punkt an, an dem man jetzt steht, sofern man immer weiter geradeaus geht. Genauso führt mich das Leben wieder und wieder ans Meer. Es gibt mir Sicherheit und Zuversicht zugleich. Für einen kurzen Augenblick vergesse ich, was mich hierhergeführt hat und ich nehme einfach nur den Moment wahr. Das Wellenrauschen und der Schaum, der meine Füße kurz bedeckt, bevor sich die Wellen wieder zurückziehen. Es gibt keinen Ort, an dem ich gerade lieber sein möchte. Um ehrlich zu sein, kann ich mir nicht vorstellen, das Meer je wieder zu verlassen. Doch ich weiß, früher oder später muss ich zu dem Punkt zurück, vor dem ich weggelaufen bin. Aber für den Moment begnüge ich mich mit dem Augenblick am Meer.

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Liebe

Es gibt verschiedene Lieben. Menschen, die Weggefährten und Partner sind; Menschen, die einen eine Lektion erteilen; Menschen, die füreinander bestimmt sind und das Herzteil des jeweils anderen in sich tragen. Seelenverwandte, karmische Beziehungen, Zwillingsflammen. Letzteres sind zwei zusammengehörende Seelenteile, die auf die Welt gekommen sind, um sich zu Suchen und Finden, weil sie beide zwei Teile sind, die nur zusammen vollständig sind. Es gibt die erste Liebe. Wenn sie endet, haben viele das Gefühl, es sei das Ende der Welt. Dann merken sie, dass die Welt sich weiterdreht. Und ihr gebrochenes Herz schlägt ebenfalls weiter. Nur nicht mehr, ganz im selben Takt. Es gibt die Rebound-Beziehung. Lückenbüßer, die zur Verdrängung und Betäubung des Schmerzes da sind. Bis wir eines Tages aufwachen und merken, das kann nicht das Wahre sein. Dann gibt es die große Liebe. Eine Liebe, die unendlich scheint. Nicht zu wild, doch die Sicherheit gibt einem alles. Seitdem ich meine große Liebe erlebe, spüre ich etwas. Ein Gefühl der Fülle. Wenn ich abends weggehe, spüre ich nicht mehr die Einsamkeit, die mir früher innewohnte. Auf der Suche nach der großen Liebe, schaut man sich um und merkt damit das Fehlen in der eigenen Brust. Seit ich mit dieser Liebe zusammen bin, habe ich das Gefühl nicht mehr. Vielleicht weiß ich deshalb, dass es meine große Liebe ist.

Manchmal frage ich mich, ob es wirklich so war. Liebe kommt und geht, wie sie will. Jeder Versuch sie aufzuhalten, wird scheitern. Denn wir gehen zusammen mit unseren Herzen durch unsere Leben. Dabei fängt es eines Tages einfach so an zu schlagen. Wenn es diese eine Person trifft, die es aus dem normalen Takt bringt. Nicht alle erleben Liebe wie ein Feuerwerk. Es gibt warme Wellen, die einen direkt an die scharfen Felskanten treffen, die der Schmerz zuvor so geformt hatte. Die warmen Wellen schleifen eine neue Form. Runder, weicher. Es ist nicht mehr so wild und unberechenbar wie am Anfang, als es anfing zu schlagen. Doch die große Liebe gibt einen die Sicherheit nicht zu ertrinken. Denn wir alle haben den Verlust der ersten Liebe überwunden. Seitdem glauben wir, dass wir jeden Schmerz überwinden können. Die warmen Wellen tragen einen durch den Tag und lassen uns glauben, dass wir zusammen alles erreichen können. Vielleicht sogar ein gemeinsames Leben.

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Der Anfang einer Geschichte

Ein leerer Collegeblock ist immer ein Anfang. Der Anfang einer neuen Geschichte. Ich bin bereit eine neue Geschichte zu schreiben. Ich liebe es einfach. Sie stammen aus dem Innersten. Geschichten bewegen einen. Sie verleiten einen Dinge zu machen, die man nicht im Traum gewagt hätte zu machen. Geschichten zeigen einen den Weg, den man gehen könnte, ohne ihn dabei wirklich zu gehen. Man sieht nur dabei zu, wie andere Menschen und Figuren ihn gehen. Wenn ich an Geschichten denke, denke ich an Anfang und Ende. Und alles dazwischen. Geschichten eröffnen neue Welten und spiegeln gleichzeitig die eigene wider. Wie ein Licht der Hoffnung berühren sie uns. Und lassen uns glauben, dass einfach alles möglich ist.

Da jedes Ende einer Geschichte der Beginn einer Neuen ist, konnte ich es kaum warten die erste Seite des Blockes mit meinen eigenen Wörtern zu füllen. Wörter waren Magie, genauso wie sie es nicht waren, werden sie doch überall verwendet. Doch in der richtigen Reihenfolge ergeben sie Geschichten, die einen berühren; das ist die Magie der Worte. Sie kommt mit dem Anfang einer jeden Geschichte einher. Ohne Worte gäbe es keine Geschichten. Sie geben diesen den Inhalt, den sie brauchen. Und so fing ich schließlich an zu schreiben.

Die Fantasie der Worte

Ich weiß noch, wie ich meinen ersten Satz schrieb. Es war der erste Satz einer Geschichte, der mich zunehmend fesselte. Und mit jedem Wort, Satz für Satz, entwickelte sich eine Geschichte aus meiner bloßen Fantasie heraus. Wo die Geschichte ihren Anfang nahm und wo sie schließlich endete, vermochte ich nicht zu sagen. Ich gab ihr nur auf dem Papier ein Anfang und ein Ende. Das Schreiben fiel mir leicht, findet man einmal die richtige Inspiration. Und wenn die Inspiration einen findet, sprudeln die Ideen nur so raus. Man könnte auch gleich ohne Punkt und Komma schreiben. Nur der Form zuliebe verzichtet man nicht da drauf. Wie sehr liebte ich es, wie die Finger wild über die Tastatur wanderten und Wörter formten, wo zuvor nur weiße Fläche war. Wörter, die langsam aber stetig anfingen eine Geschichte zu bilden. Die Geschichte wird schließlich zu der Fantasie anderer Menschen. Was ist dann noch die eigene Fantasie, was die Fantasie der Menschen, die es lesen? Durch Worte wird die Fantasie von einem Menschen zum Nächsten übertragen. Und in dem Moment, wo ich meine Worte fand, wusste ich, ich wollte die Fantasie einer anderen Person erreichen, ohne sagen zu können, welche eigentlich. Doch die Bilder schwirrten nur so aus meinem Kopf, durch die Tasten, auf meinen Bildschirm. Ich möchte nie aufhören zu schreiben. Ich möchte den Menschen eine Geschichte schenken. Etwas wodurch sie fliehen und gleichzeitig die Wirklichkeit erleben können. Das ist es, was ich will und ich wünsche mir, ich kann es ihnen geben. Letztendlich habe ich nichts weiter als meine Fantasie und meine Worte.  

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Die Existenz einer Reise

Es ist 6 Uhr morgens in Los Angeles. Ich fahre mit der Bahn nach Hause. Es ist die Bahn von Köln bis nach Weiden. Den Blick aus dem Fenster gerichtet, sehe ich die Tropfen länglich dagegen schlagen. Es ist 28 Grad auf den Seychellen. Der Bahnfahrer sagt eine Verzögerung aufgrund eines vorausfahrenden Zuges durch. Der Zug steht bereits einige Minuten. In San Francisco würde man in weniger als 1 Stunde den Sonnenaufgang beobachten können. Der Zug setzt sich langsam wieder in Bewegung. Die Fahrt geht weiter. In Australien kann man tagsüber mit Delfinen schwimmen. Die Bahn hielt wieder und wieder. In Bali kann man gerade den Sternenhimmel betrachten. Das laute Rumoren der Gleise ließ die Durchsage der nächsten Bahnhaltestelle untergehen. Man würde bald das Wrack der Titanic besuchen können. Der Zug blieb stehen, das Drücken des Knopfes, das Öffnen der Türen und der anschließende Ausstieg. Die tägliche Reise konkurriert mit der eigenen Gedankenreise. Fantasiereisen. Die große, weite Welt scheint von hier aus so unerreichbar wie Narnia. Dabei existiert sie parallel zu der eigenen Alltagswelt. Und mit etwas Mut würde ich eines Tages in der prahlen Mittagssonnen die glänzenden Iguazú-Wasserfälle in Brasilien sehen.

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Weihnachten

Manchmal dauert es bis man das Ende einer Geschichte findet. Ich weiß noch, wie ich mein Ende fand. Als ich ihm damals auf dem Weihnachtsmarkt begegnete, hätte ich es nicht für möglich gehalten. Seine rote Nase leuchtete mir entgegen, während er mich mit einem Lächeln im Gesicht ansprach. Magisch war es vielleicht nicht, aber geschmeichelt fühlte ich mich durchaus. Die Magie kam erst später. Mit jedem ersten Kuss, jedem ersten Streit, jeder Versöhnung. Dinge, die einen zusammenschweißten. Er gab mir neben seiner Nummer, einen Glühwein aus. Dieser war rot und dunkel. Wie mein Lippenstift an dem Tag. Ich wusste schon immer, dass Männer eher dazu geneigt waren auf meine Lippen zu starren, wenn ich Lippenstift trug. Er dagegen schaute mir nur in die Augen. Als würde er dort etwas entdecken können, was er sonst nirgendwo fand. Und was auch immer er darin sah, es bewegte ihn dazu sich immer weiter mit mir zu treffen. Bis schließlich Weihnachten war. Und er mich seiner Familie vorstellen wollte. Ich spürte die Aufregung in jeder Faser meines Körpers; das leichte Zittern, wenn ich nur daran dachte. Manche Sachen gehen so schnell, wie ein Rausch, der an einen vorüberzieht ohne, dass man die Vergänglichkeit der Zeit bemerkte. Dieser Rausch war er. Was als kurzer Flirt nebenbei auf einem Weihnachtsmarkt begann, war nun das Ende der Kennenlerngeschichte. Gleichzeitig war es der Anfang eines gemeinsamen Lebens. Ob ich bereit für einen Anfang war, konnte ich gar nicht sagen, doch wenn ich an seine süße, rote Nase dachte, musste ich Lächeln. Und das reichte mir für den Anfang. Für unseren gemeinsamen Anfang.

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If I could write a song

Wenn ich einen Song schreiben könnte, würde ich dir all die Sachen sagen, die ich dir so nicht sagen kann. Es wäre ein Song über uns. Ich würde dir all meinen Schmerz zeigen. Über ihn Singen mit tränenerstickter Stimme. Dir alles erzählen, was auf meinen Herzen lastet. Dir zeigen, wie große Angst ich habe zu verlieren. Dir den Schmerz meiner Vergangenheit zeigen. Dir zeigen, wie große Angst ich vor großen Gefühlen habe. Dich endlich an einem Stück über mich teilhaben lassen, den ich sonst nicht offenbare. Ich würde über alles Singen, was ich nicht sagen kann.

Doch ich spiele keine Saite. Kann meine Stimme nicht erheben. All mein Inneres bleibt unbesungen. So kann ich dir all die Dinge nicht vorsingen, die ich dir im wirklichen Leben nicht sagen kann. Wenn ich doch nur einen Song schreiben könnte…

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Sonnenlicht und Regentropfen (Eine Kurzgeschichte)

Das Sonnenlicht umspielte ihre Nase, während das Gras auf dem sie lag, sanft ihre Ohren kitzelte. Immer wenn sie leicht die Augen öffnete, blendete sie das Sonnenlicht so stark, dass sie das Gefühl bekam, selbst im Himmel zu sein. Genau das waren die Momente in denen sie sich am Lebendigsten fühlte. Als sei sie frei von allem. Es gab nur sie und den Moment. Nichts anderes. In dem Moment, wo ihre Augen von dem hellen Licht erleuchtet wurden und sie nur noch weiß sah, stellte sie sich selbst in Weiß vor. Das weiße Brautkleid mit dem sie eines Tages vor Johnny stehen würde. Ihren Schwarm, ihrer Liebe. Sie redeten gelegentlich miteinander und immer, wenn er lächelte und dabei in ihre Augen sah, wurde sie ganz rot und verlegen. Früher hatte man sie immer mit einer roten Tomate verglichen, wenn sie rot wurde. Dabei wäre sie so gerne eine Erdbeere für ihn gewesen. Süß, verboten und unwiderstehlich. Keine Beilage. Sie wollte seine Braut sein. Und als sie so da lag, mitten im Garten, während sie von der Sonne wie vom Rampenlicht angestrahlt wurde, stellte sie sich vor, dass er das eines Tages auch so wollte. Ihr Herz klopfte wild bei der Vorstellung.

Der Regen floss an ihrer Fensterscheibe hinunter, während sie am Schreibtisch saß und über verflossene Liebe schrieb. Der Regen erinnerte sie an Hochwasser und an Menschen, die von den Wassermassen mitgerissen wurden. Die Welt drehte sich für sie weiter, würde aber dennoch nie mehr dieselbe für sie sein. Sie schloss kurz an diesem getrübten Tag die Augen und dachte kurz an die Vergangenheit. Johnny hatte sie für eine Andere verlassen. Sie wurde ersetzt und blieb schließlich alleine zurück. Dabei sagte er ihr einst, sie sei was Besonderes. Man könne Äpfel nicht mit Birnen vergleichen. Doch am Ende war sie genau das und keine Hauptspeise. Etwas, das man nur zwischendurch aß. Sie sah einen Regentropfen dabei zu, wie er die Fensterscheibe hinunterwanderte. Sich anschließend mit anderen Tropfen vermischte. Ihr Herz zog sich bei dem Gedanken an all das zusammen.

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Blumentopf – Eine Kurzgeschichte

Sie grub vorsichtig die Erde in den Topf. Dort wartete bereits die Wurzel ihrer neuen Staude eingepflanzt zu werden. Mit ihren Händen, die von dicken Garten-Handschuhen überzogen sind, grub sie nach und nach die Erde aus dem Sack in den Topf. Nachdem sie fertig war, betrachtete sie ihr Werk, welches auf dem Stadtbalkon eines Hochhauses in der Stadt, seinen Platz gefunden hatte. Es war ihr erstes grünes Werk auf dem Balkon. Als sie vor zwei Monaten in die Großstadt gezogen war, hatte sie noch keine Idee, wie sie den kleinen, beschaulichen Balkon, dessen Panorama einzig und allein aus weiteren höheren Häusern bestand, gestalten würde. Nun hatte sie den ersten Schritt getan, in dem sie ihre erste Pflanze dorthin gepflanzt hatte. Zufrieden zog sie sich die Handschuhe aus und legte sie über das Balkon-Geländer. Plötzlich hörte sie es an der Türe klingeln. Sie ging rein und war nur wenig überrascht, als sie die Stimme ihrer Mutter durch die Gegensprechanlage hörte. Seit sie vor zwei Monaten hierhergezogen war, kam ihre Mutter mindestens einmal die Woche vorbei, um zu schauen, ob alles in Ordnung bei ihr war. So drückte sie ihrer Mutter die untere Haustür auf, damit sie raufkommen konnte.

Zwei Monate später pflanzte sie ihre zweite Pflanze auf dem Balkon ein. Diesmal mit ihren bloßen Händen. Die Handschuhe hatte sie damals nach dem Besuch von ihrer Mutter auf dem Balkon vergessen gehabt. Sie waren durch den Regen runtergefallen und sie hatte sie unten nicht mehr wiedergefunden. Als wären sie nicht runtergefallen, sondern als hätte der Wind sie fortgeweht. Ihre Hände gruben nun fest die Erde um und sie versuchte mit dem Hauen auf die Erde, diese stabil werden zu lassen, damit ihre neue Pflanze bloß nicht den Halt verliert. Mit ihren Tränen goss sie die Pflanze. Mit ihren erdigen Händen versuchte sie diese aus ihrem Gesicht wegzuwischen. Sie merkte gar nicht, wie Erde in ihrem Gesicht kleben blieb. Als sie fertig war, ließ sie den Topf mit der Pflanze zusammen mit dem Sack voll Erde einfach auf den Balkon stehen. Es erinnerte sie zu sehr an ihre Mutter und ihren letzten Besuch von ihr. Wie selbstverständlich sie es damals genommen hatte. Hätte sie gewusst, dass sie eine Woche später an einem Herzinfarkt sterben würde, hätte sie sie einen Moment länger in den Arm genommen. Sie hätte nur einen Moment länger mit ihr Zeit verbringen wollen. Nur ein Moment länger die Grübchen um ihren Mund und die kleinen Lachfältchen an ihren Augen beobachtet und eingeprägt. Doch der Moment war verstrichen, bevor sie ihn bewusst wahrnehmen und sich bewusst einprägen konnte. Nun stand die zweite Pflanze auf ihrem Balkon.

Der Winter war gnadenlos. Keiner der beiden Pflanzen schien dort in der eisigen Kälte überlebt zu haben. Sie starrte auf den Balkon in die graue Leere des Winters, der durch die toten Pflanzen untermalt wurde.

Der Frühling vollbrachte Wunder. Ihre erste Pflanze erwachte aus ihrem Winterschlaf. Und mit ihr die Hoffnung ihr Leben weiterzuleben. Sie plante einen Wochenendtrip in das ehemalige Ferienhaus, wo sie früher immer mit ihrer Mutter Urlaub gemacht hatte. Hoffentlich würde die Pflanze ihre kurze Abwesenheit überleben.

Sie kam wieder zurück von dem Ferienhaus am Meer, als sie es sah. Sie betrat den Balkon und der Anblick machte sie für einen Moment sprachlos. Die erste Pflanze hatte nicht nur überlebt, die zweite mit ihren bloßen Händen eingetopfte Pflanze sprieß gen Himmel. Sie war aus ihren Tränen der Vergangenheit zu neuer Blüte erwacht. Unwillkürlich musste sie lächeln. Aus der Trauer eines Verlustes entstand früher oder später immer neues Leben. Und sie wusste nun, das hier war ihr neues Leben.

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Alte Bilder

Sie schaute sich ihre alten Bilder an, die alle auf ihrem USB-Stick gespeichert waren. Während sie so durchscrollte, sah sie es. Die Bilder zusammen mit ihren längst vergangenen Liebhabern. Sie dachte daran, welcher Mensch sie an ihren Seiten gewesen war und welcher sie heute war. Sie hatte ihre Jugendlichkeit verloren. Ihre weiche Naivität war verhärteter und weiser geworden. Es war kaum noch was übrig von der Person auf den Bildern. Die unterschiedlichen Versionen ihrer Selbst, gepaart mit ihren jeweiligen Liebhabern. Neben jedem war sie eine andere Version gewesen. Die blonden Strähnchen, die rotbraunen Haaren, die komplett Blonde, die braune Kurzhaarige. Alle ließen sie anders erscheinen. Doch ihr fiel eine Sache besonders auf. Es war weniger ihr Aussehen, welches sich großartig verändert hatte. Es war ihr Inneres, welches auf den Bildern nur angedeutet wurde, jedoch vor der Kamera verborgen blieb. In keinem dieser Momente, die auf Bildern verewigt wurden, glich sie ihrer Vorgängerversion. Sie hatte sich stets gewandelt. Bis zu diesem Punkt, wo sie ohne jemanden an der Seite angelangt war. Heute war sie wieder eine andere Version. Nur diesmal war sie diese Version nur für sich selbst. Und sie fragte sich, ob sie nun die Bestmöglichste aller Versionen war.

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