Die Sechs der Kelche (10. Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Zwei Tage später begegnete Lizzy ihrem Exfreund. Als hätte sie alleine mit ihren Gedanken an ihn, ihn wieder in ihr Leben gezogen.

Sie ging die Straße entlang, als er ihr entgegenkam. Nervös ging sie einen Schritt schneller, ohne zu wissen was sie eigentlich tun sollte. Beim Näherkommen sah sie auch seinen fragenden Gesichtsausdruck. Diese Situation kam ihr bekannt vor.

Zwei Jahre zuvor waren sie sich bereits auf diese Weise über den Weg gelaufen. Sie waren schweigend aneinander vorbeigegangen. Keiner traute sich etwas zu sagen. Stattdessen schauten sie sich tief in die Augen, während sie wortlos aneinander vorbeigingen. Nach der Begegnung war sie noch wochenlang aufgewühlt gewesen. Was hatte sein Blick zu bedeuten? Oder war er gar bedeutungslos?

Seitdem hatte sie ihn nie wiedergesehen. Bis zu diesem Tag.

Sie wollte etwas zu ihm sagen, als er nur noch wenige Schritte von ihr entfernt war. Doch sie brachte keinen Ton heraus. Ihr Herz klopfte wild umher. Wie das eines Rehs, was vor seinem Jäger davonlief. Verliebtheit und Angst liegen eng beieinander. Im Grunde sind beide beinahe dasselbe Gefühl. War es wirklich Verliebtheit oder schlichtweg die Angst? Die Angst davor nicht liebenswert genug für ihn zu sein? Die Angst davor aufs Neue verlassen zu werden?

Nur noch einen Schritt.

„Hallo, Lizzy“, gab er aus dem Nichts von sich und machte eine kurze Pause.

„Wie geht es dir?“ Er blickte sie fragend an. Ihre Beine zitterten.

„Gut… Ich meine, super. Und dir?“ Sie konnte nicht fassen, was gerade geschah. Das er tatsächlich nach dieser ganzen Zeit wieder mit ihr redete.

„Gut, schätze ich. Ich habe dich vermisst.“ Er kam direkt auf den Punkt. Das kannte sie nicht von ihm. Er war für sie immer der Astronaut aus David Bowies Space Oddity gewesen, was nicht zuletzt an der Namenskorrelation lag. Major Tom, der den Kontakt zu den Menschen auf der Erde verloren hatte und alleine in seiner Kapsel durch den einsamen Weltraum flog. Er schien für sie eine ähnliche Unerreichbarkeit zu haben. Nur in der Zeit, wo sie zusammen waren, hatte er sie in sein Raumschiff gelassen und ihr gezeigt, wie für ihn die Welt aussah, wenn er aus seinem Schiff schaute. Seine Sichtweise faszinierte sie. Aber irgendwann flog sie nicht mehr in dem Schiff mit, sondern beobachtete die einzelnen Punkte am Himmel von der Erde aus, wohlwissend, dass er in der Unendlichkeit umherflog. Nur, dass sie nicht mehr seine Sichtweise auf die Welt sah.

Und da stand er plötzlich. Er war wieder in ihrem Leben gelandet. Kein entfernter Punkt am Himmel mehr.

Er fragte sie nach einem Treffen und sie sagte zu.

Die darauffolgenden Wochen waren eine Odyssee an ihre frühere Beziehung. Wie sehr wünschte sie sich, sie hätte die Zeit zurückdrehen können. Zu dem Punkt, wo ihre erste Beziehung begann.

Als sie den ersten Abend im Bett neben ihm lag, zurück in seine warmen Arme, da schien es fast so, als wäre die Zeit zurück zu ihrem Anfangspunkt gedreht worden. In dem Moment, wo all der Schmerz noch nicht durchlebt wurde, all die Tränen noch nicht vergossen wurden.

„Woran denkst du?“, flüsterte er ihr ins Ohr, während sie nebeneinander lagen.

„Daran, wie du mir das erste Mal gesagt hast, dass du mich liebst“, erzählte sie ihm.

„Daran erinnere ich mich gar nicht mehr“, gestand er ihr. Ein Stich der Enttäuschung durchfuhr ihr Herz. In ihrer Erinnerung war es immer ein besonderer Moment gewesen, aber sie musste erkennen, dass dieser Moment nur für sie diese Bedeutung hatte.

Zwei Wochen später kam das Gespräch, welches sie für immer unwiderruflich auseinanderriss.

Sie fragte ihn, ob damals, während sie zusammen waren, schon etwas mit ihrer gemeinsamen Bekannten lief, mit der er nach ihrer Beziehung zusammenkam. Nach einer langen Pause, brachte er nur ein schuldbewusstes Ja heraus. Als sie die Antwort hörte, brach ihre Welt auseinander. Ohne sich zu verabschieden ging sie. So schnell wie er in ihr Leben eingetreten war, war er auch wieder verschwunden.

Die Vergangenheit scheitert. Sie kann nur einmal durchlebt werden, doch kein zweites Mal.

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Die Königin der Schwerter (9. Teil)

Quelle: A.E. Waite Tarot

Lizzy war froh, als sie wieder Zuhause war. Ihr war relativ schnell klar, dass bei ihr der Funke nicht übergesprungen war.

Manche Feuer werden gelöscht noch bevor sie richtig aufflammen. Dieses war genau ein solches Feuer. Das Feuer, welches nie brennen würde. Es fehlte der Funke, der in ihr dieses Feuer entfachen könnte.

Sie hatte absolut nichts an ihm auszusetzen. Er war attraktiv, gesprächig, zuvorkommend.

Aber ihre Gefühle haben ihren eigenen Willen. Und so kam es, dass sie sich nach nur einer Stunde schon verabschiedete. Sie sei müde. Was nicht mal eine Lüge war. Sie hatte zuvor einen langen Arbeitstag gehabt.

Als sie alleine Zuhause war, es war bereits zwei Uhr nachts, nahm sie sich einen Wein als Schlummertrunk in die Hand und setzte sich an ihren Küchentisch. Sie dachte über ihre letzte Beziehung nach. Etwas in ihr sehnte sich nach dieser Nähe und Zuneigung. Es erinnerte sie an etwas. Sie ging zu ihrem Wohnzimmerschrank und kramte eine kleine Box hervor. Es war ihre Briefbox. Hauptsächlich befanden sich dort alte Grußkarten von Freundinnen aus ihren jeweiligen Urlaubsorten. Eine Zeit, in dem der Nachrichtenverkehr noch größtenteils analog stattfand.

Zwischen den Karten fand sie den Brief wieder, der ihr eingefallen war. Er war von ihrem damaligen Freund, nachdem sie ein Jahr zusammen gewesen waren. Sie las ihn sich Jahre später noch einmal durch. Sie hatte den Wortlaut bereits vergessen. Kurz war sie wieder das junge, verliebte Mädchen von damals. Die persönlichen Worte berührten heute noch ihr Herz. Für einen Augenblick wünschte sie sich noch einmal die Zeit zurückdrehen zu können. Zu jenem Moment, in dem noch alles zwischen ihnen in Ordnung war. In dem diese Liebeserklärung nicht nur eine bloße Floskel war.

Eine Träne lief über ihre Wange, während sie den Brief wieder verstaute. Ihr fiel der Grund dafür ein, warum sie sich vor heute Abend immer wieder vom Dating verabschiedet hatte; es bringt diesen faden Geschmack von unerfüllter Sehnsucht mit sich.

Obwohl sie alleine nicht minder glücklich war, als in einer Beziehung, trug sie dieses ungestillte Verlangen nach einer zweiten Hälfte in sich. Der Preis des Alleinseins.

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Die Acht der Münzen / Der Ritter der Stäbe (8. Teil)

Seit einem Monat war Lizzys Café nun eröffnet und sie konnte sich nicht über zu wenig Arbeit beklagen. An diesem Samstag war besonders viel Betrieb. Tammy und Olaf wurden von den Gästen mit Streicheleinheiten verwöhnt.

An diesem Tag fiel ihr ein Gast besonders auf. Er saß alleine in der Ecke und beobachte sowohl die Katzen als auch sie. Seine dunklen Haare und die dunklen Augen betonten seine mysteriöse Ausstrahlung. Lizzy fand ihn durch und durch attraktiv. Sie war länger nicht mehr aus gewesen, sodass sie diese Form der Aufmerksamkeit eines Mannes fast vergessen hätte. Das machte ihn nur noch attraktiver für Lizzy.

Da Samstag war, blieben viele Gäste länger im Café als unter der Woche. Erst nach elf Uhr verließen die letzten Gäste das Café, während sich Tammy und Olaf im Kratzbaum schlafen legten.

Nur der mysteriöse Mann war geblieben.

„Sie haben keinen Freund“, sprach er sie schließlich an. Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, weshalb Lizzy nichts erwiderte.

„Ich möchte Sie einladen. Um die Ecke kenne ich eine gute Bar.“ Lizzy spürte ein leichtes Flattern in ihrer Brust.

„Momentan habe ich viel zu tun. Mit dem Café…. Vielleicht in den nächsten Wochen mal.“

„Nein, ich meine jetzt.“

„Oh.“ Lizzy wurde leicht rot. Das war ein ziemlich spontanes Date. Ihr letztes Treffen mit einem Mann lag bereits mehr als ein halbes Jahr zurück. Der Gedanke an ein Treffen mit diesem Mann nahm ein nervöses Ziehen im Bauch nach sich.

„Okay, gerne“, stimmte sie schließlich zu.

„Ich muss hier aber noch etwas aufräumen.“ Ihre Mitarbeiterin Gina hatte die Szene beobachtet und grinste sie vielsagend an. Lizzy wurde ein wenig zittrig, während sie die letzten Tassen abräumte. Beinahe wäre ihr eine Tasse aus der Hand gefallen.

„Ich mache den Rest“, sagte Gina zu ihr. Sie konnte Lizzys steigernde Nervosität nicht weiter mitansehen.

„Danke“, sagte Lizzy leise. Dann drehte sie sich um und zog ihren Mantel an. Der mysteriöse Mann wartete bereits vor der Türe auf sie. Als sie hinaustrat, traf ein kalter Windhauch ihr Gesicht. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu der Bar.

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Die Königin der Kelche (7. Teil)

Quelle: A.E. Waite Tarot

Lizzy streichelte Olafs Rücken, während er zusammengerollt neben ihr auf dem Sofa lag. Im Fitzgerald waren am Dienstagmorgen nur die ältere Dame Patty und ein weiterer Gast im Laden.

Patty bat Lizzy, ihr Gesellschaft zu leisten, während sie gemütlich ihren entkoffeinierten Kaffee trank.  Lizzy setzte sich zu ihr. Als sie Olaf streichelte, merkte sie wie eine warme Welle ihren Körper durchfuhr. Das Café, die Katzen, ihre Gäste. Sie hatte alles, was sie sich erträumt hatte.

„Hast du einen Freund?“, fragte die ältere Dame Patty sie direkt. Lizzy hatte bereits bemerkt, dass Patty nie lang drum herumredete.

„Nein“, schüttelte Lizzy leicht den Kopf. Patty schaute sie geradewegs an, während sie noch einen vorbereitenden Schluck trank. Lizzy ahnte bereits, dass ihr Patty wieder eine Geschichte aus ihrem Leben erzählen würde.

„Ich hatte mehr als einen. Einer blieb mir besonders in Erinnerung: mein erster Freund Richard. Wir waren so jung und verliebt. Es war eine verbotene Liebe, zumindest tolerierten meine Eltern ihn nicht als meinen Freund. Er fuhr Motorrad, schwänzte die Schule, war ein allgemeiner Problemjunge. Nichts, was man sich für eine vornehme Tochter aus einem Juristenhaus vorstellte. Also verbaten sie mir, mich mit ihm zu treffen. Ich, junges Ding, tat es trotzdem heimlich. Meine frühere beste Freundin Luise stand für mich ein und behauptete ich sei bei ihr. Bis eines Nachts mein Vater ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Meine Mutter wollte mich bei Luise abholen. Aber ich war nicht da. Luise gestand ihr, nachdem sie erfahren hatte, was passiert war, bei wem ich war. Meine Mutter holte mich bei Richard ab. Während wir ins Krankenhaus fuhren, sprach sie kein Wort mit mir.

Im Krankenhaus ging es meinem Vater wieder besser. Er hatte einen kurzen Herzanfall erlitten, lebte danach noch weitere sieben Jahre, bevor sein Herz komplett versagte.

Seit dieser Nacht verbaten mir meine Eltern , außer zur Schule hin und zurück, das Haus zu verlassen.

Ich erinnerte mich noch, wie wütend ich darüber war. Als mein Vater aus dem Krankenhaus wieder nach Hause gekommen war, lief ich in jener Nacht weg. Ich lief zu Richard und sagte ihm, wir sollten abhauen. Er strich mir meine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie fiel mir damals öfters ins Gesicht und er strich sie jedes Mal wieder zur Seite.

Er sagte, in Ordnung. Wir fuhren mit dem Motorrad Stadt um Stadt. Sieben Tage lang. Es war Sommer und wir übernachteten unter freiem Himmel.

Am siebten Tag fielen wir an der Landesgrenze auf. Meine Eltern hatten eine Vermisstenanzeige aufgegeben, sodass sie mich meldeten.

Danach war das Zuhause ein bloßes Gefängnis für mich. Richard wurde zum Zivildienst eingezogen und wir sahen uns nie wieder.

Ich hatte mehr als einmal versucht ihn zu finden, aber vergeblich. In seinem Haus, wo er alleine mit seiner Mutter gelebt hatte, wohnte bereits jemand anderes. Er war aus meinem Leben verschwunden.“

Lizzy, die gebannt zugehört hatte, wurde schwer ums Herz.

„Nie wieder?“, fragte sie wehmütig. Sie dachte an ihr eigenes Schicksal. An den Mann aus dem Café.

„Nur einmal. Ich ging an der Straße entlang und er ging auf der anderen Straßenseite. Ich hielt Hand mit meinem damaligen Ehemann. Ob er mich auch gesehen hat, weiß ich nicht. Nach unserer gemeinsamen Reise hatten wir nie wieder ein Wort miteinander gewechselt.“

Lizzy fiel es schwer, dieses Ende zu akzeptieren.

„Wir sollten ihn finden.“ Patty schüttelte den Kopf.

„Nein. Wahrscheinlich ist er verheiratet. Vielleicht auch schon gestorben. Nicht alle Pfade führen wieder zueinander. Manche Pfade im Leben sind dafür bestimmt sich nur einmal zu kreuzen. Unser Zeitpunkt liegt bereits weit zurück in der Vergangenheit.“ Patty nahm den letzten Schluck aus ihrer Tasse. Dann kramte sie aus ihrer kleinen lackroten Tasche ihr Portmaine und legte einen Schein auf den Tisch, bevor sie aufstand.

„Stimmt so. Ich komme die Tage wieder.“ Dann verschwand sie durch die Tür in den Gang, der schließlich zur Ein- und Augangstür führte.

Lizzy dachte noch eine Weile über Pattys Geschichte nach, während sie anfing Olaf am Hals zu kraulen, was er mit einem entspannten Kopfstrecken entgegennahm.

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Der Narr (6. Teil)

Quelle: A.E. Waite Tarot

Lizzy ging in die Regalreihe mit den Nudeln. Wochentags war der Supermarkt relativ leer, weshalb sie gerne in ihrer Pause einkaufen ging. Als sie mit ihrem Einkaufskorb in der Hand in die Reihe einbog, sah sie kurz das Profil eines Mannes am Ende des Ganges. War das etwa…?

Bevor Lizzy ihn deutlich erkennen konnte, hatte er sich bereits weggedreht und war hinter der Ecke verschwunden.

Nur das nervöse, aufgeregte Gefühl in Lizzys Fingerspitzen war geblieben. Einen Moment blieb sie dort stehen bis ihr bewusst wurde, was sie tun wollte.

Ohne Nachzudenken lief sie los. Sie bog um die Ecke, konnte ihn aber nirgends ausfindig machen. Sie lief zur Kasse an der er gerade bezahlt hatte, während die Silhouette jenes Mannes aus dem Supermarkt trat. Die Helligkeit des Sonnenlichtes ließ ihn dorthinein verschwinden. Lizzy ging mit ihren Korb an der Kasse vorbei ohne zu bezahlen und merkte gar nicht, wie die Kassiererin sie auf ihr Vergehen aufmerksam machte. Erst das laute Piepen ließ Lizzy wieder zurück in die Gegenwart kommen.

Der Mann war bereits verschwunden.

Erstarrt blieb Lizzy stehen.

„Es tut mir leid, ich wollte nicht…“, fing Lizzy an sich zu entschuldigen. Die Kassiererin schien keinen guten Tag zu haben.

„Fred, zur Kasse bitte!“, ließ sie durchsagen.

Fred schien im Gegensatz zu seiner Kollegin einen besseren Tag zu haben. Zumindest hatte er Verständnis für Lizzy und ihre Geschichte, während sie ihm diese im Geschäftszimmer ausführlich erzählte.

„Ich wollte ihn nur wiederfinden.“ Fred sah sie mit einer Mischung aus Erstaunen und Mitleid an, während sie ihm die Geschichte von ihrem Traummann erzählte, mit dem sie noch nie ein Wort gewechselt hatte.

„Sie erinnern mich an meine Tochter. Sie heiratet nächste Woche. Es kommt mir gar nicht vor, als sei sie in dem Alter, wo sie schon heiraten würde, dabei ist sie schon siebundzwanzig Jahre alt. Genauso leidenschaftlich und hoffnungslos romantisch wie Sie. Sie hat mir die weiche Seite der Liebe gezeigt. Und wenn ich Ihre Geschichte höre, denke ich mir die ganze Zeit: Das hätte meine Tochter sein können. Ich werde Sie gehen lassen und die Sache auf sich beruhen lassen.“ Lizzy atmete erleichtert auf.

Sie stand auf und wandte sich zum Gehen zu, als Fred sie stoppte.

„Warten Sie. War das der Mann, den Sie suchten?“, fragte Fred und zeigte ihr ein Bild von einer Überwachungskamera, das auf seinem PC-Bildschirm aufflackerte. Es war die Aufnahme des Mannes, dem Lizzy hinterhergelaufen war. Lizzy musste sich anhalten, sich nicht darauf zu stürzen. Als sie das Bild genauer betrachtete, merkte sie wie ihre Schultern sanken.

„Nein“, schüttelte Lizzy den Kopf.

„Schade. Beim nächsten Mal“, erwiderte Fred.

Dann verabschiedeten sie sich endgültig und verließ den Supermarkt.

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Ass der Kelche (5.Teil)

Quelle: A.E. Waite Tarot

Lizzy gab ihren Traum nicht auf. Was würde noch von ihr übrig bleiben, wenn sie es nicht wenigstens versuchen würde?

Als sie den Kredit bei der Bank beantragte, war sie sich am Anfang nicht sicher, ob die Bank diesen genehmigen würde. Doch sie tat es.

So kam es das Lizzy an diesem Tag im Tierheim stand und die kleine Tammy sie mit ihren winzigen Knopfaugen anstarrte. Lizzy brauchte keine zwei Sekunden, um sich in dieses kleine Kitten zu verlieben. Ihr helles Miauen, ihr schwarzes Fell und der süße Blick, der Lizzy zuflüsterte Nimm mich, ließen Lizzy keine Sekunde zweifeln, dass sie Tammy für ihr Café mitnehmen würde.

Auch der kleine, weiße Kater, der nur einen kleinen schwarzen Fleck am Hals hatte, eroberte sofort ihr Herz. Sie taufte ihn auf den Namen Olaf.

Es dauerte nicht lange und schon war ihr erster Eröffnungstag. Sie hatte zuvor die Werbetrommeln in der Stadt geschwungen, sodass einige Leute kamen. Lizzy musste den Gedanken beiseiteschieben, ihre zufällige Begegnung aus dem Café könne dort erscheinen. Tat sie nicht. Trotzdem lernte sie viele Menschen kennen. Besonders die ältere Dame Patricia, die betonte sie wolle nur Patty genannt werden, schloss sie sofort in ihr Herz.

„Deine Katzen sind ein Traum. Sie erinnern mich an meinen früheren Kater Felix. Er schlief immer an derselben Stelle. Ich hatte mir damals ein paar neue Winterstiefel geholt und als ich nach Hause kam, sie auspackte und den Karton kurz abstellte, beschlagnahmte er ihn sofort. Seitdem schlief er bis zu seinem Lebensende jede Nacht dort drin.“ Patty erzählte mit einer so tiefen Verbundenheit zu ihrem Kater und seiner Geschichte, dass es schlichtweg Lizzys Herz berührte.

„Wie lange ist das her?“, fragte Lizzy.

„Im Sommer vier Jahre. Seitdem habe ich mir keine neue Katze mehr zugelegt“, erklärte mir Patty, während sich Tammy neben ihr auf dem Sofa gemütlich gemacht hatte und von Patty gekrault wurde.

Am Ende des Tages war Lizzy ganz ausgelaugt. Ihr Mitarbeiterin Gina half ihr beim Aufräumen. Lizzy schaute Tammy und Olaf an, die beide nebeneinander im Körbchen schliefen und musste lächeln.

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Der Stern, Fünf der Schwerter (4.Teil)

Lizzy sah Marco nicht wieder. Statt ihr Scheitern zu beklagen stürzte sie sich auf ihre Businessidee. Der Traum eines eigenen Cafés. Nicht irgendein Café. Es sollte ein Katzen- und Literatur Café werden, indem man neben Büchern aus den Schränken auch Katzen streicheln konnte. Abgerundet würde dieses Erlebnis durch ein leckeres Getränk aus der Speisekarte. Sie würde es Fitzgerald nennen.

Lizzy entwarf gerade ihren Finanzplan. Frustriert legte sie ihn auf die Seite ihres Schreibtisches, der in ihrem Wohnzimmer stand. Sie sah sich dort um und Zweifel kamen auf. Das Geld für die Miete reichte noch für zwei Monate, bevor sie endgültig hier raus musste, wenn sie ihren Traum nicht verwirklicht bekam.

In ihrem alten Job als Flugbegleiterin wurde sie von der ersten Kündigungswelle getroffen. Sie war erst eineinhalb Jahre dort gewesen und somit die Neue, weswegen sie auch von der ersten Stellenkürzung betroffen war.

Als sie ihre Kündigung in der Hand hielt fühlte sie die Sorgen wie ein Ziehen in ihrer Brust. Es wurde von dem Gefühl der Erleichterung übertrumpft. Sie hatte sich nie vorstellen können, dass das für immer ihr Leben sein sollte. Der Grund, warum sie es als Chance sah, um endlich ihren insgeheimen Traum zu verwirklichen.

Natürlich versuchten alle in ihrem Umfeld, ihr den Traum auszureden: Ein Café. Weil es nicht schon genug Cafés gibt. Und dann noch selbstständig. Bei der wirtschaftlichen Lage. Reiner Selbstmord.

Lizzy gab nichts auf diese Stimmen, die von außen auf sie einprasselten. Auch wenn die Stimme ihrer Mutter am lautesten war, die ihr sagte, sie solle doch etwas Vernünftiges machen. Obwohl Lizzy in diesem Moment Zweifel aufkamen, wusste sie, dass sie nur auf eine Stimme hören würde: Ihre innere Stimme. Sie war die einzige Stimme, die ihr Mut zuredete und fest an sie glaubte. Auch wenn es um sie herum keiner tat, so tat sie es in ihrem Inneren.

Als sie vor ihrem Finanzplan saß, in ihrer Wohnung, die sie sich bald nicht mehr leisten konnte, kamen ihr ernsthafte Zweifel auf. Sie zerriss den Plan, holte sich eine Flasche Weißwein und setzte sich auf dem Balkon, um die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu genießen, während in ihr ein strömender Regen herrschte.

Jeder Traum beinhaltet auch dessen Scheitern.

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Vier der Münzen (3. Teil)


Quelle: A.E.Waite Tarot

Lizzy klammerte sich einen Tag später an die Hoffnung ihn wieder im Café zu begegnen. Doch als sie alleine dort saß, war er nicht in Sicht.

Sie bestellte sich eine Tasse Tee mit Himbeergeschmack. Als sie auf ihre Bestellung wartete, erwischte sie sich dabei, wie ihr Blick immer wieder zur Tür wanderte. Nach einer Weile kam die Kellnerin und stellte ihr die Tasse Tee hin. Der fruchtige Geruch ließ Lizzys Anspannung auflösen. Sie pustete ihn an. Als sie daran nippte, schreckte sie vor dem heißen Schmerz zurück. Sie ließ ihn noch eine Weile stehen und ihre Nervosität kam zurück. Ihr Blick sah eine Gestalt die Türe hereintreten. Sofort starrte sie dorthin und merkte schließlich wie sie enttäuscht zusammensank. Inzwischen kühlte sich die Tasse ab und sie tippte unruhig mit dem Finger dagegen.

Es verging eine halbe Stunde bis Lizzy ihren Tee ausgetrunken hatte und ihre Hoffnung löste sich in Luft auf. Hier würde sie ihn nicht wiedertreffen.

Nachdem sie bezahlt hatte, verließ sie den Ort der Begegnung wieder und ging ihren gewohnten Weg nach Hause, wo ihr eigenes, persönliches Reich bereits auf sie wartete.

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Der Ritter der Kelche (2. Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Lizzy wusste an diesem Tag nicht, dass sie der Liebe ihres Lebens begegnen würde. Doch es stand in ihren Sternen. Der Schicksalsfaden hatte jene Begegnung an diesem Tag eingefädelt.

Als sie Marco sah, spürte sie wie ihr Herz raste. Ihr Mund konnte keinen klaren Satz bilden. Was sie am meisten wunderte, war die Tatsache, dass sie in diesem Moment in ihrer eigenen persönlichen Welt angelangt war. Um sie herum hätte jegliches Chaos ausbrechen können, sie hätte es nicht mitbekommen. In diesem Augenblick, wo sie Marco das erste Mal sah, schien sie sich in ihrer eigenen Welt zu befinden, die sich wie ein Magnet um ihn herumdrehte. Die Anziehungskraft war unverwechselbar.

Sie begegnete ihm in einem Café. Er saß mit seinem Laptop an einem Tisch in einer versteckten Ecke, versunken in seinem Laptop. Lizzy hingegen las ihr Buch auf der anderen Seite des Raumes. Beide waren so in ihre Welten gefangen, dass sie sich einander gar nicht wahrnahmen.

Erst nachdem sie beide bezahlt hatten und in Richtung Tür gingen, nahmen sie die jeweils andere Person am Rande ihres Blickfeldes wahr. Anfangs war diese nicht mehr als eine unscheinbare Silhouette. Bis sie schließlich an der Türe standen. Er nahm den Griff zuerst und öffnete sie. Als er sie für Lizzy aufhielt, sah sie Marco dankend an. Der Moment, wo sie das erste Mal in seine meerblauen Augen blickte. Sofort spürte sie es; diese Verbindung, die sie in diesem Leben zu keinem Menschen vorher hatte. Sie blieb einen kurzen Moment stehen, ebenso wie er. Sein Blick griff tief in ihre Augen. Statt irgendetwas zu sagen, trat sie aus der Tür hinaus. Für einen Moment blieb sie verwirrt stehen und schaute zu ihm zurück. Er schaute sie noch immer an. Dann trat er den Schritt aus dem Café und setzte den Fuß in die entgegengesetzte Richtung. Sie drehte sich um und ging.

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Der Hierophant (1. Teil)

Lizzy musste ihren Sinn suchen. Sie hatte ihn noch nicht gefunden.

Bei anderen Menschen fielen die Würfel, während bei Lizzy die Tarotkarten ihren Lebensweg bestimmten.

Obwohl sie noch jung war, fühlte sie sich zeitlebens verloren. Ihre Lebzeit floss dahin, während sie ihre Energie in dessen Strudel verlor.

Wie die meisten Menschen hatte Lizzy einen Traum. Ihre große Leidenschaft war das Schreiben. Sie erinnerte sich, wie sie in der Schule ihre erste Geschichte schreiben musste. Während die Worte aus ihrer Hand heraussprudelten, wusste sie, dass es eine Art von innerer Eingebung war, die einem nur selten im Leben zuteilwird. Sie hatte ihre Bestimmung gefunden. Immer wieder fing sie in den unterschiedlichen Phasen ihres Lebens an zu schreiben. Zwischendurch schrieb sie nicht. Die Zeiten, in denen sie nichts zu sagen hatte, waren die Zeiten in denen sie sich selbst untreu war. Denn ihr Weg, ihr wirklicher Weg, bringt sie zum Schreiben. Hier findet sie sich wieder.

Obwohl Lizzy häufig anfing zu schreiben, brachte sie nur selten eine Geschichte zu Ende. Sie zeigte nur wenigen Menschen ihre Geschichten und noch weniger sprach sie darüber. Statt für andere zu schreiben, schrieb sie nur für sich.

An diesem Tag erkannte Lizzy, dass sich das ändern sollte. Sie schrieb. Ihre Geschichte. Doch diesmal schrieb sie für andere Menschen. Jeder sollte ihre Worte, die ihre Geschichte formen, lesen. Und so fingen ihre Finger an zu tippen.

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