Die Zehn der Kelche (20. Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Der Applaus berauschte Lizzy. Es war ein Rausch, wie sie ihn noch nie zuvor erlebt hatte. Ihre Strähne fiel ihr ins Gesicht, aber sie bemerkte es nicht mal.

In der Umkleidekabine zog sie sich um. Patty trat hinein. Lizzy hatte ihr vor der Show extra ein Bändchen für den Backstage Bereich besorgt.

„Du warst großartig!“, kam sie herein.

„Danke. Ich danke dir so sehr. Ohne dich wäre ich heute nicht hier!“ Lizzy bedankte sich aus tiefstem Herzen.

„Soll ich dich mit nach Hause nehmen?“, fragte Patty sie nach einer Weile.

„Nein, du kannst ruhig schon gehen. Ich brauche noch einen Moment. Mein Auto steht in der Nähe.“ Sie verabschiedeten sich.

Lizzy betrachte sich im Spiegel. Sie dachte, an den Weg, den sie bis zu diesem Moment zurückgelegt hatte. Ein zufriedenes Lächeln strahlte über ihr Gesicht. Sie war die Person, die sie immer sein wollte und sein sollte.

Nachdem sie sich fertig gemacht hatte, trat sie aus der Musicalhalle in die kalte Nacht. Sie ging ein paar Schritte, als sie vor sich einen Schatten sah. Ein kurzer Schrei entfuhr ihr. Der Schatten trat ins Licht und Marco stand direkt vor ihr.

„Marco?“, fragte sie perplex. Ihr ganzer Körper zitterte, was nicht an der kalten Nacht lag. Er kam einen Schritt auf sie zu, sodass er ihr ganz nah war.

„An dem Tag, wo wir uns das letzte Mal miteinander gesprochen haben, da hätte ich dir etwas sagen sollen. Aber ich habe es nicht getan“, fing er seinen Monolog an.

„Du brauchst mir nichts…“, setzte Lizzy an, doch Marco unterbrach sie sofort.

„Das war der größte Fehler meines Lebens. Ich habe dich in den Glauben gehen lassen, nichts für dich zu empfinden. Aber das stimmt nicht. Die Wahrheit ist: Ich liebe dich, Lizzy. Ich habe mich bereits in dich verliebt, als ich dich das erste Mal in dem Café gesehen habe. Du erschienst so perfekt. Dann ist deine Strähne dir verspielt ins Gesicht gefallen und da war es um mich geschehen. Ich wollte sie dir nur noch aus deinem Gesicht streichen.“ Er strich ihre Strähne hinter ihr Ohr.

„Als wir uns dann, dass erste Mal in die Augen geschaut haben, konnte ich an niemand anderes mehr denken, als an dich. Und ich kann es dir nicht oft genug sagen: Ich liebe dich.“ Seine meerblauen Augen trafen sie mitten ins Herz. Ihre Mauer, die sie sich mühsam aufgebaut hatte, fiel in sich zusammen. Sie wusste, dass sie sich etwas vorgemacht hatte. Es war kein Tag vergangen, an dem sie nicht an ihn dachte.

„Ich liebe dich“, flüsterte sie ihm zu. Er legte seine Arme um sie und sie küssten sich. Die Kälte verschwand.

Ende

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Das Ass der Kelche/ Die Königin der Kelche (19. Teil) -Reprise

Lizzy musste kurz die Augen zukneifen, als das Scheinwerferlicht sie blendete. Sie atmete einen tiefen Atemzug ein. Dann legte sie los.

Die letzten Monate waren nur so im Flug vergangen. Nach dem Gespräch mit Patty, ließ sie die Frage nicht mehr los. Was wollte sie wirklich?

Es waren keine drei Tage vergangen, da wachte sie auf und wusste, was zu tun war.  Sie verkaufte das Fitzgerald. Tammy und Olaf lebten fortan in ihrer Wohnung. Obwohl sie nicht mehr von so vielen Gästen verwöhnt wurden, fühlten sie sich bei Lizzy pudelwohl. Zwischendurch kam Patty sie besuchen und gab den beiden eine reine Wohlfühlkur.

„Ich werde im nächsten Jahr viel unterwegs sein und kann die beiden nicht mitnehmen. Könnte ich sie in deiner Obhut lassen?“, fragte Lizzy Patty. Es tat ihr zwar im Herzen weh, die beiden nicht bei sich zu haben, aber sie wusste, dass Patty sie verwöhnen würde. Die beiden liebten Patty bedingungslos. Und auch Pattys Augen fingen an zu leuchten.

„Nichts lieber als das.“ Lizzy musste lächeln.

„Du meintest am Telefon, du musst mir etwas erzählen.“ Patty hatte ganz aufgeregt geklungen, was für sie ganz untypisch war.

„Ebenso wie du. Aber gut, dann fang ich an.“ Patty machte eine kurze Pause, während sie unentwegt lächelte.

„Ich bin Richard vor ein paar Wochen begegnet“, eröffnete sie ihr.

„Richard? Du meinst deine erste Liebe, die du nie wiedergesehen hast?“, fragte Lizzy erstaunt.

„Genau der. Wir haben uns seitdem öfters getroffen und es ist wie früher. Wir haben uns zwar verändert, aber die Gefühle sind geblieben. Das erste Mal seit damals, fühle ich mich wieder vollständig.“ Lizzy spürte eine Freudenträne aufkommen.

„Patty, das freut mich so sehr. Von ganzem Herzen. Du verdienst es!“ Sie nahm Patty überschwänglich in den Arm.

„Danke!“ Nach einer längeren Umarmung, lösten sie sich wieder voneinander.

„Aber jetzt zu dir. Was sind deine großen Neuigkeiten?“, hakte Patty nach.

„Ich habe die Rolle bekommen“, platzte es Lizzy vor Aufregung raus. Sie hatte die letzten Wochen damit verbracht von einem Casting zum anderen laufen. Sie wusste, Musicaldarstellerin war nicht ein dämlicher Kindheitstraum. Es war ein Teil von ihr. Und als sie sich für die verschiedene Rollen bewarb, verliebte sie sich sofort in eine Rolle.

„Ich spiele die Hauptrolle in Grease. Sandy!“ Sie strahlte über das ganze Gesicht und führte vor Patty einen kurzen Freudentanz auf.

„Das ist wunderbar. Ich wusste, dass noch etwas anderes in dir steckt. Etwas, was du vor der Welt verborgen hast.“ Sie umarmten sich wieder.

„Ich kann es kaum glauben.“ Lizzy war ganz außer sich. Das erste Mal fühlte sie sich von ganzem Herzen glücklich.

„Du wirst großartig sein. Ich hoffe doch, ich kann auch bei einer Vorstellung dabei sein?“

„Natürlich.“ Lizzy musste lachen.

„Aber Marco spielt nicht zufällig Danny?“ Plötzlich wurde es ruhig zwischen ihnen. Sie haben seit dem Tag im Café nicht mehr über ihn gesprochen. Er ist in Lizzys Gedankenwelt immer mehr in den Hintergrund gerückt und war kaum noch präsent. Doch als Patty seinen Namen aussprach, versetzte es Lizzy einen Stich.

„Tut mir leid. Es ist nur… er und John Travolta sehen sich wirklich zum Verwechseln ähnlich, nicht?“ Lizzy zuckte nur mit den Schultern und Patty erwähnte ihn von da an nicht mehr.

Den Großteil der Zeit verbrachte Lizzy damit zu Proben. Sie hatte keinerlei Ausbildung genossen, sodass ihre Aufnahme in der Musical-Show für sie einem Wunder gleichkam. Aber sie arbeitete länger, als alle anderen an ihrer Choreographie. Ihr Schauspielkollege, der die Rolle des Dannys besetzte, sah weder aus wie Marco und auch seine Ähnlichkeit zu John Travolta ließ zu wünschen übrig. Trotzdem hatte er einen Charme, sodass ihm die Frauenherzen zufliegen, wenn er auf der Bühne mit ihr performen würde. Das wusste sie.

Für einen kurzen Moment stellte sie sich vor, die Performanz zu You’re The One That I Want mit Marco zu singen und zu tanzen. Doch sie schob den Gedanken beiseite und fing an sich auf sich selbst zu fokussieren.

Es kam die Premiere. Patty saß zwischen den Hunderten von Menschen im Publikum und sie alle starrten auf die Bühne, wo sie nun stand. Ihr Herz klopfte wild umher. Dann erklangen die ersten Töne. Sie setzte den ersten Schritt ihrer Choreographie an und vergaß alles um sich herum.

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Die Sieben der Schwerter/ Die Zwei der Münzen (18. Teil)

Marco meldete sich nicht mehr. Die Wochen zogen nur so an Lizzy vorbei, ohne dass etwas Nennenswertes passierte. Sie war in der elliptischen Blase gefangen, die nicht platzen wollte.

Obwohl sie gesagt hatte, er solle gehen und sie in Ruhe lassen, war in ihr die leise Hoffnung, die ihr zuflüsterte, er würde zu ihr zurückkommen. Doch es blieb nur ihre geheime Wunschvorstellung.

Es war ein Montagmorgen, über drei Wochen waren bereits seit jenem Tag vergangen, als sie ihm auf der Straße begegnete. Er lief direkt an ihr vorbei, doch sein Blick war auf den Boden gerichtet, während sie ihn anschaute. Wortlos gingen sie aneinander vorbei.

Als sie anschließend versuchte das Café aufzuschließen, zitterten ihre Hände so sehr, dass sie drei Anläufe brauchte bis der Schlüssel im Schloss steckte. Das Café war leer. Nur Tammy und Olaf spielten miteinander rum. Lizzy zwang sich zu einem Lächeln, doch es fühlte sich auf ihren Lippen falsch an.

Gina nahm ihr den Großteil der Arbeit ab, da Lizzy kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.

Am Mittag trat Patty in den Laden. Sie sah wie verwirrt Lizzy an der Theke stand.

„Setz dich zu mir, Kleines“, sagte Patty, während sie auf einem gemütlichen Sessel Platz nahm. Lizzy musste lächeln.

„Also als Kleines würde ich mich wirklich nicht bezeichnen“, kommentierte Lizzy. Dann setzte sie sich auf den Sessel neben ihr.

„Du hast ihn gesehen, stimmts?“, fragte Patty wohlwissend. Lizzy nickte.

„Und wie fühlst du dich?“, fragte sie weiter.

„Wie die untergegangene Titanic“, griff Lizzy Ginas Metaphorik wieder auf. Patty musste lachen.

„Das hört sich ja sehr dramatisch an.“ Lizzy schaute sie fragend an.

„Was möchtest du?“, fragte Patty sie.

„Ihn“, gab Lizzy zu.

„Nein, ich meine, was möchtest du vom Leben?“ Lizzy dachte nach.

„Worauf möchtest du hinaus?“, fragte Lizzy.

„Darauf, was DU wirklich willst. Ich kenne dich nun schon länger, aber du wirkst nie wirklich glücklich. Versteh mich nicht falsch. Du wirkst auch nicht unglücklich. Aber ich sehe dir an, dass du deine Flamme, die dich brennen lässt, noch nicht gefunden hast. Und mit Flamme meine ich keinen Mann.“ Ein eingehendes Schweigen herrschte zwischen ihnen. Lizzy holte tief Luft.

„Als Kind wollte ich immer Musicaldarstellerin werden. Ich weiß noch, wie ich mich an meinen achten Geburtstag als die gute Fee aus Cinderella verkleidet und dieses Lied dazu gesungen habe.“

„Bibbidi-bobbidi-boo“, sang Patty drauf los. Ein nostalgisches Lächeln breitete sich auf Lizzys Mundwinkel aus, während ihr wieder die Haarsträhne ins Gesicht fiel.

„Genau. Meine ganze Familie hat mir dabei zugesehen. Dies war das erste Mal, wo ich wirklich gebrannt habe. Ich habe mir vorgestellt auf einer Bühne zu stehen und der Welt mein Lied zu singen, während ich umhertanze. Es war dämlich.“

„Das ist überhaupt nicht dämlich! Du solltest es machen“, widersprach ihr Patty.

„Es war nur eine Kindheitsfantasie.“

„War es das?“ Patty nippte langsam an ihren entkoffeinierten Kaffee, während Lizzy gedankenverloren aus dem Fenster starrte.

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Die Zwei der Schwerter (17. Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Beim Mittagessen blickten sich Lizzy und Marco die ganze Zeit verliebt in die Augen.

„Ich weiß noch, wie ich als Kind immer wieder denselben Film gesehen habe. Ich wollte immer Belle aus Die Schöne und das Biest sein“, erzählte Lizzy ihm.

„Was habe ich mir da für eine Romantikerin angelacht?“, neckte Marco sie.

„Du tust einen auf harte Schale, dabei höre ich genau den weichen, romantischen Herzschlag in dir“, entgegnete sie.

„Da musst du dich verhören. Mein Herz hat schon vor langer Zeit aufgehört für solche Dinge zu schlagen.“ Plötzlich wechselte die Stimmung zwischen ihnen. Ein leichter Stich machte sich in Lizzys Brust bemerkbar.

„Auch nicht für mich?“ Die Frage kam ohne Vorwarnung aus ihr heraus. Sie wünschte, sie hätte sie nicht laut ausgesprochen. Sofort machte sich auf seinem Gesicht Reue breit.

„Tut mir leid. Ich…“, setzte er an.

„Du brauchst mir nichts zu erklären. Ich bin daran schuld. Ich hatte etwas gedacht, was offensichtlich nicht der Fall ist.“ Verstört kramte sie ihr Portemonnaie aus ihrer Tasche heraus und kramte daraus ein paar Geldscheine, die sie auf den Tisch legte.

„Ich muss los“, sagte sie abgehakt, während sie aufstand.

„Lizzy…“, rief Marco ihr hinterher, aber sie war schon aus der Türe herausgestürmt. Sie bemerkte plötzlich den schmierigen Schleier vor ihren Augen und eine Träne, die über ihre Wange lief.

Im Laden streichelte sie die ganze Zeit lethargisch Tammy und starrte dabei die ganze Zeit gegen die Wand. Tammy schmuste lieber, während Olaf lieber spielte. Gina kam zu Lizzy hin und setzte sich neben sie.

„Okay. Also du bist eben mit Marco weggegangen, wie verliebte Zuckerwatte, und keine Stunde später kommst du wieder und siehst aus wie das untergegangen Frack der Titanic“, stellte Gina fest.

„Danke, für diese einprägende Metaphorik“, gab Lizzy nur von sich.

„Was ist passiert?“ Normalerweise hielt Gina immer eine gewisse Distanz zu ihr, aber Lizzy konnte ihren besorgten Tonfall heraushören. Was hieß, dass sie wirklich miserabel aussehen musste.

„Er fühlt nicht dasselbe wie ich.“ Wann hatte sie sich diese Wandfarbe ausgesucht? Es war ein helles, freundliches Gelb, aber jetzt löste es in ihr eine innerliche Aggression aus.

„Das tut mir leid“, gab Gina klein bei. Sie wusste nicht, wie sie ihre Chefin trösten sollte. Nur Tammys glänzendes Fell, über das Lizzy die ganze Zeit streichelte, konnte sie trösten.

Plötzlich öffnete sich die Ladentür. In Ginas Mundwinkel zeichnete sich ein erstauntes Oh ab, bevor sie aufstand und für Marco Platz machte, der hineintrat und auf Lizzy zuging.

„Lizzy, es tut mir leid“, setzte Marco an, doch Lizzy unterbrach ihn sofort.

„Nein, mir tut es leid. Und jetzt geh bitte einfach. Ich möchte dich nicht mehr sehen. Bitte respektiere das.“ Lizzy zwang sich ihm für einen Moment in die Augen zu schauen, bereute es aber sofort, als sie in seine traurigen blauen Augen sah. Der Stich in ihrer Brust wandelte sich in einen stechenden Schmerz. Manche Worte konnten einfach nicht mehr zurückgenommen werden, denn sie verrieten die wahren Gefühle eines Menschen, auch wenn es eine scheinbar nur unüberlegte Aussage war. Doch Lizzy erkannte die Wahrheit dahinter.

Marco holte kurz tief Luft und öffnete seinen Mund, um zum Reden anzusetzen, überlegte es sich dann aber anders. Kurz zögerte er, bevor er sich umdrehte und schließlich das Café verließ.

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Die Neun der Kelche (16. Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Lizzy arbeitete den darauffolgenden Tag mit Gina zusammen. Dabei lächelte sie die ganze Zeit.

„Was ist denn mit dir los?“, fragte Gina. Lizzy konnte nicht aufhören zu lächeln, blieb aber ruhig.

„Dann halt nicht, Honigkuchenpferd“, kommentierte Gina. Lizzy streichelte zwischendurch immer wieder Tammy und Olaf und machte mehr Pausen als sie sonst machte. Ihre Gedanken schweiften immer wieder zu dem Kuss mit Marco. Ihre Hände zitterten so sehr, dass ihr fast ein Glas aus der Hand fiel.

Als ihr fast wieder etwas aus der Hand fiel, betrat Patty den Laden und sah ihr bei ihrem beinahe Missgeschick zu. Dabei musste Lizzy jedoch lächeln.

„Da ist jemand aber ganz schön verliebt“, merkte Patty an. Lizzy wurde rot.

„Musst das denn jeder wirklich so sehr betonen?“ Sie verdrehte nervös die Augen.

„Als ich so jung war wie du, war ich auch mal so verliebt wie du“, erzählte ihr Patty mit einem leicht nostalgischen Unterton. Lizzy machte sich schon auf eine ihrer längeren Geschichten bereit.

„Damals lernte ich diesen jungen Gitarristen kennen…“, setzte Patty an. Wie aufs Stichwort öffnete Marco die Ladentür und trat ein. Ihre Rettung. Auch wenn sie Patty lieb hatte, würde sie heute keine längeren Geschichte von ihr folgen können.

Als er vor ihr stehenblieb, putzte sie gerade den Tisch ab, um sich zu beruhigen.

„Hallo, du“, begrüßte er sie. Lizzy versuchte sich langsam auf ihn zuzubewegen, worin sie kläglich versagte.

„Hi“, gab Lizzy einen Hickser heraus, während sie vor ihm stehenblieb.

„Das finde ich so süß an dir“, kommentierte er mit einem Lächeln. Seine meerblauen Augen strahlten sie an.

„Ich dachte mir, wir könnten heute zusammen Mittagessen gehen. Was hältst du davon?“, schlug er vor. Ohne Luft zu holen brachte Lizzy sofort ein Ja hervor.

„Dann hole ich dich später ab“, grinste er sie an. Dann ging er wieder hinaus, die Straße rüber zu seinem Laden. Sie beobachtete ihn dabei, während ihr Herz gegen ihre Brust klopfte.

„Jetzt verstehe ich, was du an diesen Mann findest“, zwinkerte Patty ihr zu, bevor sie Olaf weiterstreichelte, der gemütlich auf ihrem Schoß lag. Lizzy machte sich wieder freudenstrahlend an die Arbeit.

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Die Liebenden (15. Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Lizzy stand regungslos dort. Sie erinnerte sich daran, wie sie als Kind einen Unfall mitansehen musste. Ein Jugendlicher lief schnell über die Straße und sah nicht das Auto, welches den haltenden Bus überholte, sodass es von ihm erfasst wurde. Glücklicherweise war das Auto nicht schnell unterwegs gewesen und keiner wurde ernsthaft verletzt. Trotzdem erinnerte sich Lizzy bis heute an dem Moment, wo sich nichts anderes machen konnte, als tatenlos am Rand zuzusehen.

Genauso fühlte sie sich in diesem Moment, als Marcos Frau vor ihr stand und ihr eröffnete, er sei mit ihr verheiratet. Sie konnte nicht reagieren. Tatenlos schaute sie dem weiteren Geschehen zu, ohne eingreifen zu können.

„Kathy, was willst du hier?“  Marco wirkte zwar beherrscht, seine innerliche Wut war jedoch in seiner Stimme herauszuhören. Für eine Sekunde war in Kathys Gesicht ein Ausdruck von Perplexität zu erkennen, bevor sie wieder ihre vorherige Miene aufsetzte.

„Ich habe dich gesehen und wollte einfach mal Hallo sagen“, erklärte Kathy fröhlich. Lizzy erkannte, dass sich unter ihrer aufgesetzten Freundlichkeit etwas anderes verbarg, konnte aber nicht einordnen, was es war.

„Ich möchte, dass du gehst“, stellte Marco klar.

„Dann will ich nicht weiterstören.“ Ihre Fröhlichkeit fing an zu bröckeln. Doch bevor Kathy die Fassung verlieren konnte, hatte sie sich schon umgedreht und ging weg.

Immer noch regungslos saß Lizzy auf der Picknickdecke, ohne ein Wort von sich zu geben. Marco setzte sich zurück zu ihr.

„Wo waren wir stehen geblieben? Bei deiner Lieblingsfarbe, stimmts?“, fing Marco an den Gesprächsfaden wiederaufzunehmen. Mit erstaunten Augen schaute sie ihn an. Einerseits erinnerte er sich trotz der Unterbrechung noch genau an ihre letzten Worte, andererseits versuchte er gerade gekonnt, dem eigentlichen Thema auszuweichen.

„Du bist verheiratet?“, platzte es aus Lizzy heraus. Sie wollte ihn nicht zu irgendetwas drängen und sie hatte kein Recht dazu, irgendwas von ihm zu erwarten. Aber Ehrlichkeit war für sie einer der wichtigsten Eigenschaften bei einer Person, worauf sie besonders viel Wert legte.

„Ja. Es tut mir leid. Ich weiß, ich hätte es sagen sollen, wollte aber nicht gleich mit der Tür ins Haus reinfallen. Ich wollte dich kennenlernen ohne, dass du mich als einen verheirateten Mann siehst.“ Er schaute ihr direkt in die Augen. Unter dem Meerblau schmolz sie dahin.

„Ich hoffe, du verzeihst mir. Kathy und ich sind schon seit über einem halben Jahr getrennt und wohnen seitdem auch nicht mehr zusammen. Die Scheidung läuft gerade noch, aber ist bald durch.“ Er schaute zu Boden. Ihm schien das Thema zu bedrücken.

„Was ist passiert?“ Noch während sie das fragte, merkte sie, wie er sich verschloss und sie beschloss es in dieser Situation auf sich ruhen zu lassen. Schließlich hatten sie gerade ihr erstes Date.

„Ist in Ordnung“, winkte sie gleich wieder ab. Ein kalter Windzug ließ sie kurz erzittern.

„Dir wird kalt“, stellte er fest. Sofort reichte er ihr seine Jacke und legte diese um sie. Sie war dicker, aus Leder. Die Jacke ließ sie sofort wohlig warm werden, was auch an dem angenehmen Geruch der Jacke lag, da, neben dem Leder, sein Geruch an der Jacke hing.

„Ich bring dich gleich gerne nach Hause, wenn du willst.“ Er dachte, er hätte alles kaputt gemacht. Das spürte Lizzy sofort.

„Okay“, sagte sie. Eine wehmütige Schwere machte sich in ihrem Brustkorb breit. Sie wollte noch nicht, dass es endet, wusste aber nicht, was sie sagen oder tun sollte, um die Situation aufzulockern.

Er fing an die Sachen zusammenzupacken. Dann gingen sie zusammen los.

Den Weg verbrachten sie größtenteils schweigend nebeneinander.

„Weißt du wann ich dich das erste Mal gesehen habe?“ Lizzy war sich sicher, er würde das Café erwähnen.

„Ich habe dich das erste Mal in dem Café am Bahnhof getroffen. Du warst auch dort, hast mich aber nicht gesehen und ich habe mich nicht getraut dich anzusprechen.“ Sie gingen die dunkle Straße entlang und waren nicht mehr weit von Lizzys Zuhause entfernt. Die Straßenlaternen erleuchteten die dunkle Straße, sodass sie ihn im grellen Licht zwischendurch anschauen konnte. Sein Gesicht wirkte wieder so entspannt, wie zu Beginn des Treffens.

„Danach saß ich drei Wochen hintereinander zur selben Uhrzeit im selben Cafè, aber du warst nicht da. Bis zur vierten Woche. Ich sah dich vom Weitem, tat aber so als wäre ich beschäftigt. Als ich sah, dass du bezahltest, bezahlte ich ebenso, damit ich dir in der Ausgangstür über den Weg laufen konnte. Und das war der Tag, wo auch du mich das erste Mal gesehen hast.“ Inzwischen war Lizzy stehen geblieben, da sie vor ihrem Haus angekommen waren. Ihr Herz klopfte wie wild. Noch nie hatte jemand sich so sehr um sie bemüht. Aber vor allem hatte sie nie jemand so angesehen, wie Marco es tat.

„Warum hast du mich nicht angesprochen?“, fragte Lizzy ihn nervös.

„Weil ich Angst hatte. Die Angst vor einem Nein.“ Er ging einen Schritt auf sie zu. Dann strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht, die ihr ständig ins Gesicht fiel. Sie schaute ihn an und wollte nur noch von ihm geküsst werden. Jede Faser schrie danach. Doch statt sich auf sie zuzubewegen, trat er einen Schritt zurück.

„Es war ein sehr schöner Abend. Wir sollten ihn wiederholen.“ Marco schaute sie liebevoll an, während er sich verabschiedete.

„Das war es. Ein Teil von mir wünscht sich, er wäre noch nicht vorbei.“ Dann umarmte Lizzy ihn kurz und drehte sich schnell um, damit sie nicht dort von ihm stehengelassen würde. Sie wollte gerade einen Schritt in Richtung ihrer Haustür gehen, als jemand sie plötzlich am Handgelenk packte, sie umdrehte und sie an sich ran zog. Sie konnte Marcos warmen Atem an ihren Lippen spüren bis seine Lippen schließlich ihre Lippen trafen.

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Die Acht der Schwerter (14. Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Lizzy stand vor dem Spiegel und zog sich ihre Ohrringe an, die im Licht aufblitzten, wie funkelnde Diamanten. Ihr roter Lippenstift betonte ihre blasse Haut. Das nervöse Kribbeln in ihrer Bauchgegend wollte einfach nicht weggehen. Sie fühlte sich alles andere als bereit, doch sie musste losgehen, um nicht zu spät zu kommen. Ihre Nervosität stieg immer mehr an, je näher das Treffen mit Marco Marchesi rückte. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten, woran ihre Absatzstiefel ihren Beitrag dazu trugen.

Nach ihrem letzten Date, hätte sie am liebsten nie wieder eins gehabt. Doch mit ihm war es anders. Sie fühlte sich High von ihren Gefühlen. Während sie mit Gina auf der Arbeit redete, musste sie ununterbrochen lächeln. Sie konnte es nicht abstellen. Je näher der ersehnte Abend rückte, desto aufgeregter wurde sie. Die Nervosität begleitete sie bis zu dem verabredeten Treffpunkt. Er war einen Tag, nachdem er sie gefragt hatte, ob sie mit ihm Picknicken würde, in ihren Laden gekommen und hatte ihr den Treffpunkt und die Uhrzeit mitgeteilt. Es war ein öffentlicher Park, wo um diese Uhrzeit noch einige Leute unterwegs sein würden, sodass sie sich nicht ganz allein abgelegen trafen, aber trotzdem noch genug Privatsphäre hätten.

Lizzy sah ihn schon vom Weiten unter einem Baum sitzen. Er saß auf einer ausgebreiteten, karierten Picknickdecke und beobachtete gerade ein Eichhörnchen, welches nur ein paar Meter von ihm entfernt entlanghuschte. Die Sonne bewegte sich langsam gen Westen. Als sie näherkam, schaute er in ihre Richtung auf. Sie hatte extra ihr grünes Kleid angezogen, womit sie nicht zu sehr im Park auffiel, ihre Natürlichkeit aber nur umso mehr unterstrich, während ihr rot geschminkten Lippen einen starken Kontrast bildeten. Hatte sie das bewusst so ausgewählt?

Während sie auf Marco zukam, stand er auf und lächelte ihr entgegen. Sie bemerkte, wie er sie kurz musterte, dann aber wieder sofort in ihre Augen schaute.

„Du siehst sehr schön aus“, begrüßte er sie mit einem Kompliment. Ihre Wangen waren leicht gerötet.

„Danke. Du siehst aber auch nicht schlecht aus.“ Er hatte ein blaues Hemd mit einer dunkelblauen Jeans angezogen, was sowohl schick als auch zugleich lässig wirkte. Nachdem sie sich umarmt hatten, deutete er auf die Decke.

„Setzt dich!“, forderte er sie höflich auf und sie setzte sich hin.

„Ich hoffe, du magst Oliven“, eröffnete er das Gespräch und kramte dabei eine Tupperdose aus der von ihm mitgebrachten Kühlbox hervor.

„Woher weißt du das nur?“, lächelte Lizzy ihn an und nahm all ihren Mut zusammen, um leicht verführerisch ihren Mund zu öffnen, damit Marco ihr eine Olive in den Mund legen konnte. Einen kurzen Moment zögerte er, doch entschied sich dann dafür, ihr die Olive an ihre rot geschminkten Lippen vorbeizuführen.

„Ich bin so froh mit dir hier zu sein. Dieser Ort liegt mir sehr am Herzen und ich liebe es ihn mit einer hübschen Frau, wie dir teilen zu können.“ Sie musste immer mehr Grinsen, während sie die Olive zerkaute und hinunterschluckte. Der Wind zog an ihr vorbei und ein angenehmer Schauer durchfuhr ihren Rücken.

Die Sonne traf bereits den Horizont und sie hatten seit zwei Stunden keinen Moment aufgehört zu reden.

„Deine Lieblingsfarbe ist rot? Das hört man selten“, stellte Lizzy erstaunt fest.

„Es hat so etwas Kräftiges, feuriges“, erklärte er ihr seine Ansicht.

„Also ich bleibe bei Blassrosa. Das Zarte, leichte. Es kann dezent überall eingesetzt werden“, gestand sie ihm. Sie musste lächeln. Obwohl sie über etwas scheinbares Belangloses wie Farben ging, konnte sie das Gefühl nicht abstellen, dass das zwischen ihnen was Besonderes war.

„Marco?“ Von der Seite tauchte eine Frau auf. Lizzy wendete ihren Blick zu ihr hin. Sie erkannte eine große südländische Schönheit mit makelloser Haut und einem dunkelroten Kleid. Marco wendete seinen Blick ebenfalls auf die Frau, die direkt auf sie zukam und schließlich vor ihnen stehen blieb.

„Wie geht es dir?“ Sie begrüßte ihn überschwänglich und nahm den sich noch aufrichtenden Marco in den Arm.

„Gut“, sagte er zu ihr, ohne jedoch sich hinter die Fassade schauen zu lassen, wie er das Auftauchen der Frau empfand.

„Deine neue Freundin?“, sagte sie halb zu ihm, halb zu ihr. Ihr Grinsen war zu breit aufgesetzt.

„Nein“, stellte Marco vehement klar. Ein Stich durchfuhr Lizzy. Ihr war bewusst, dass es erst ihr erstes Treffen war, aber neben der offensichtlichen Vertrautheit, die bis eben noch zwischen ihnen geherrscht hatte, hatte sie sich eine etwas offenere Aussage gewünscht. Sein Nein schien hingegen keinen Spielraum für mehr zuzulassen.

„Ach, tut mir leid. Ich habe mich gar nicht vorgestellt. Ich heiße Kathy. Sicher hat Marco dir schon von mir erzählt?“

„Ehrlich gesagt nicht“, gab Lizzy offen zu.

„Wieso hast du ihr es denn nicht erzählt?“, wandte sich Kathy an Marco.

„Ich sah keinen Grund dazu“, erwiderte Marco ohne eine Mimik zu verziehen.

„Was denn nicht erzählt?“ Lizzy konnte die Situation nicht einordnen. Sie hörte nur ihr aufgeregtes Herz klopfen, welches sich nicht beruhigen konnte, als würde es sie vor dem, was ihr bevorstand warnen wollen. Kathy wandte sich direkt zu ihr.

„Ich bin seine Frau.“

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Die Mässigkeit (13.Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Jede Blüte braucht Zeit, um sich entfalten zu können. Lizzy wünschte sich, sie könnte dasselbe von ihren Gefühlen zu Marco behaupten. Aber sie wurde geradezu von ihnen überrollt. Das Einzige, was Zeit brauchte, war die Zeit bis er sie das erste Mal nach einem Date fragte.

Tage vergingen. Sie zogen sich langsam wie ein Kaugummi dahin. Das Café von gegenüber war immer noch in der letzten Aufbauphase, als Marco seinen Weg in Lizzys Café fand. Lizzy war gerade einen entkoffeinierten Kaffee für ihre Stammkundin Patty am Zubereiten, als er mit seinen perfekt zurückgegelten Haaren ins Café hereinspazierte. Sofort machte Lizzys Herz einen großen Satz nach oben, bevor es kontinuierlich schnell klopfte. Sie fühlte sich wie ein Hamster, der sich in einem Hamsterrad abstrampelte, ohne sich von der Stelle zu bewegen.

Tammy streichelte sich sofort um seine Beine, als wollte sie sagen: Ich mag dich. Er bückte sich zu ihr runter und fing an sie zu kraulen. Dabei huschte ein Lächeln über seine Lippen. Zwei Seelen, die sich gefunden hatten. Er stand auf und kam zu Lizzy an die Theke.

„Sie haben eine wundervolle Katze“, merkte er an. Lizzy tat desinteressiert und bereitete weiter den Kaffee zu, wobei sie etwas daneben schüttete, da ihre Hände zitterten.

„Ich bin kein großer Fan von langem Gerede, weshalb ich direkt auf den Punkt komme“, verkündete er. Gegen ihren Vorsatz, schaute Lizzy auf, unwissend welche Wendung dieses Gespräch nun nehmen würde.

„Ich bitte Sie am Freitagabend mit mir auszugehen.“ Einen Moment stand Lizzy sprachlos da. Ihr Mund war schneller, als ihre Gedanken.

„Ja“, kam es nur so aus herausgeplatzt. Sie wusste selber nicht, wo ihre plötzliche Entschlossenheit herkam. Marco grinste sie belustigt an.

„Das ist schön zu hören. Ich hätte mich vermutlich mein Leben lang selber auf die andere Straßenseite verbannt, hätten Sie Nein gesagt“, erklärte er lächelnd. Er stand wieder auf und wandte sich zum Gehen zu. Lizzy konnte nicht glauben, dass sie tatsächlich mit ihm Ausgehen würde. Dann drehte er sich ein letztes Mal zu ihr hin.

„Ich hoffe, Sie haben nichts gegen ein Picknick.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich wieder um und verließ das Café, während Lizzy ungläubig am Tresen stehenblieb.

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Die Drei der Münzen (12. Teil)

Quelle: A.E.Waite Tarot

Lizzy erkannte ihn sofort. Wofür sie hingegen einen Moment brauchte, war die Erkenntnis, um wen es sich hier handelte. Ihre Konkurrenz. Ihr Herz, dass für einen Moment ausgesetzt hatte, macht drei Sprünge nach oben, bevor es zu Boden fiel.

„Sie sind der Eigentümer des Hemingways?“, fragte Lizzy ungläubig. Sie hoffte auf ein Nein.

„Ja“, antwortete er.

„Ich bin Marco Marchesi. Und Sie sind?“ Er fragte es mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen, was Lizzy zugehend verunsicherte.

„Lizzy. Einfach nur Lizzy.“ Sie konnte ihr unsicheres, für sie geradezu dämliches Verhalten, nicht erklären.

„Freut mich dich kennenzulernen, Lizzy. Kann ich dir weiterhelfen?“, fragte Marco zuvorkommend. Lizzy musste einmal tief Luft holen, bevor sie weiterreden konnte.

„Ich besitze den Laden gegenüber. Das Fitzgerald. Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, aber es ist ebenso wie Ihr Lokal ein Katzencafé und diesem hier nicht ganz unähnlich.“ Marco zog eine Augenbraue hoch. Ihm war die Distanz in ihrer Sprache durchaus aufgefallen.

„Sie meinen, Sie haben Angst vor mir, dass ich Ihr Geschäft ruinieren könnte“, stellte er fest.

„Nein, meine Kunden werden mir weiterhin die Treue dienen. Jedoch stelle ich mir für Sie diesen Standort dementsprechend wenig Vorteilhaft vor.“ Lizzy wusste, wie sie taktisch spielte. Sie erinnerte sich daran, wie sie als Kind Schach gespielt hatte. Ihr Opa erklärte ihr damals, dass Schach nichts anderes sei, als Krieg mit reinem Verstand und ohne Gewalt. Das Symbol wahrer Überlegenheit. Aber sie hatte noch nie eine Partie Schach gegen Marco gespielt.

„Um mich müssen Sie sich keine Gedanken machen. Der Kapitalismus lebt schließlich von Konkurrenz, nicht wahr?“ Er zwinkerte ihr zu und erwartete keine Antwort von ihr. In Lizzy kochte Wut auf. Wie konnte sie auch nur einen Moment in diesen Typen, mit seinem perfekt gegelten schwarzen Haaren und diesen wundervollen meerblauen Augen, verfallen sein? Lizzy schüttelte sich, als könnte sie dieses Gefühl, was in ihr aufkam, dadurch loswerden.

„Ich möchte keinen Streit mit Ihnen. Lassen Sie uns ein friedliches Nebeneinander ausprobieren. Ich bin auf dieser Straßenseite und Sie auf der anderen Straßenseite. Wie wäre das?“ Marco streckte ihr seine Hand entgegen. Ein Friedensangebot. Schachmatt.

„In Ordnung.“ Lizzy schlug in seine Hand ein, konnte aber nicht diesen kleinen trotzigen Widerstand auflösen, der sich ihrer innerlichen Beruhigung in den Weg stellt.

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Die Neun der Schwerter / Die Fünf der Stäbe (11. Teil)

Die Nächte zogen dahin, während sich Lizzy schlaflos hin und her wälzte.

Eines Nachts wachte sie ruckartig auf. Die Bilder ihres Traumes flüchteten bei ihrem Erwachen aus ihrem Gedächtnis. Es war vier Uhr morgens. Ohne groß darüber nachzudenken setzte sie sich aufrecht hin, nahm sich eine Liste und schrieb alle Dinge auf, die sie zu diesem Punkt geführt haben. Alles. Ihre Verzweiflung, ihre schmerzhaften Trennungen in ihrem Leben bis hin zu der Hoffnung, die sie vorantrieb. Aber worauf hoffte sie eigentlich? Vor ihr lag ein neues, leeres Blatt Papier, dass sie sich genommen hatte und nur darauf wartete von ihrem Stift in der Hand beschriftet zu werden.

Auf einmal fielen ihr alle Dinge auf einmal ein für die sie leben wollte. Die Dinge, für die sie dankbar war. Die Menschen in ihrem Leben, ihr eigenes Café, ihre wunderbaren Katzen, …. Lizzy wurde bewusst, dass sie bereits alles Wichtige im Leben hatte. Dann gab es die Dinge, die noch nicht da waren, aber sie schrieb die Dinge so auf, als wären sie schon da. Ein neues Auto, ein Haus mit Garten, eine glückliche Beziehung, ….  Sie bedankte sich für diese Sachen, als wären sie bereits da. Dann legte sie sich um und schlief wieder ein.

Doch nur, weil man einen Wunsch äußert, heißt es nicht, dass es nicht auch Hindernisse gibt, die sich dazwischen stellen können. Das sollte auch Lizzy erfahren.

Am nächsten Tag konnte es Lizzy nicht glauben, als sie ihren Laden aufschloss. Sie schaute geschockt rüber auf die andere Straßenseite. Seit einigen Wochen beobachtete sie bereits die Bauarbeiten für den neuen Laden gegenüber. Doch sie hätte nicht damit gerechnet. Direkt gegenüber von ihrem Katzencafé Fitzgerald, würde ab nächster Woche das Hemingway eröffnen. Mit einem bebenden Körper stellte Lizzy fest, dass es sich dabei ebenfalls um ein Katzencafé handelte.

Ohne weiter darüber nachzudenken, ging Lizzy hinüber. Drinnen arbeiteten einige Leute an dem Aufbau der Inneneinrichtung. Lizzy klopfte gegen die Türe. Doch keiner schien von ihr Notiz zu nehmen. Sie betrat ohne Aufforderung den Laden. Noch immer schien keiner sie wahrzunehmen. Sie tippte einen Arbeiter an, der sie bloß mürrisch anschaute.

„Wo finde ich den Besitzer des Ladens?“, fragte sie direkt.

Er zuckte mit den Schultern.

„Der müsste in zwei Stunden hier sein“, antwortete einer der Arbeiter von der Seite. Lizzy nickte ihm dankend zu. Sie ging zurück in ihren Laden, wo ihre Mitarbeiterin Gina bereits wartete und sie irritiert anschaute. Lizzy erklärte ihr, dass sich dieses Missverständnis sicherlich heute Mittag aufklären würde und fing ohne Umschweife an zu arbeiten.

Es war zwölf Uhr mittags als Lizzy rüberging, um ihre Konkurrenz direkt die Meinung zu sagen. Doch als sie das Hemingway betrat, blieb sie mit weit aufgerissenen Augen stehen und brachte keinen Ton heraus. Vor ihr stand der Mann aus dem Café.

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