Ich stand am Strand und wusste nicht weiter. Vor wie vielen Wochen, vor wie vielen Jahren hatte ich damit angefangen, die falschen Entscheidungen zu treffen, die mich heute hierhin brachten? Alleine war ich in mein Auto gestiegen und bin einfach losgefahren bis ich das Meer erreichte. Das Ende des Landes. Das Ende meines Spontantrips. Als könnte ich, wenn ich dabei mein Ziel erreicht hätte, auch in meinem Leben plötzlich all meine Ziele und Träume erreicht haben. Stattdessen sah ich zu, wie ich einen Schritt vor dem anderem in den Sand trat, meinen Füßen zusah, wie sie kurz unter Wellen vergraben wurden, bevor ich sie wieder herausholte. Nichts von alldem brachte mich dorthin, wo ich heute eigentlich sein wollte. Ich versank bloß im Sand an Ort und Stelle. Nichts weiter. Und als ich so in die Ferne sah, gab es nichts, was man erreichen könnte. Nichts Greifbares. Der Wind ließ mich daran erinnern, wer ich war, wer ich bin, wer ich sein könnte. Daran, dass ich hierhin geflüchtet war, vor mir selbst und meinem Leben, welches ich Stück für Stück über all die Jahre hinweg in den Sand gesetzt hatte. Es schien mit jeder Welle, wie meine Füße im Sand, zu verschwinden.
Während ich dort stand, spürte ich das erste Mal die Nässe in meinem Gesicht. Ein Tropfen, der meine Wange hinunterglitt. Es blieb nicht bei Einem. Das erste Mal seit sehr langer Zeit weinte ich. Ich weinte mir die letzten Jahre von der Seele. Die Narben, die nur dürftig geflickt wurden, rissen mit einem Mal auf. Ich konnte all das nicht verhindern, nicht mehr zurückhalten. Zu lange hatte ich den Schmerz meiner Seele zurückgedrängt bis er sich schließlich mir aufdrängte. Das erste Mal erlaubte ich es mir traurig zu sein. Nicht glücklich sein zu müssen. Nur Ich zu sein, mit all meinem Schmerz, meinen verpassten Chancen, mein ungelebtes Leben, welches ich doch einst unbedingt leben wollte, aber nie ausleben konnte. Falsche Entscheidungen, falsche Zeiten, all das brachte mich nun hierhin. An den Strand der Tränen.
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