Ich konnte früher nie loslassen. Eine Eigenschaft, die ich an mir nicht mochte. An Erinnerungen zu kleben wie Glitzer auf einer alten Postkarte. Noch heute erwische ich mich dabei, wie ich mich an Dingen festhänge, die scheinbar bedeutungslos sind. Als könnten mich diese Sachen vor mir selbst retten. Vor der Angst, die wirklich in mir steckt.
Ich habe geliebt. Doch ist es so lange her. Sooft dachte ich danach, geliebt zu haben, wirklich zu lieben, habe es mir eingeredet, weil ich Angst vor der Wahrheit hatte. Die Wahrheit, dass ich gar nicht mehr lieben kann. Immer, wenn ich mich beinahe Fallenlasse, reiße ich das Ruder um und übernehme die Kontrolle. Bin der Kapitän, gebe die Richtung vor. Habe dabei keine Liebe mehr in mir, denn Lieben bedeutet auch immer sich fallen zu lassen. Und ich denke an all die Male, wo ich Fallengelassen wurde. Die Wahrheit ist, ich weiß selbst nicht, wie ich den Aufprall überstanden habe. Etwas in mir, möchte nie wieder aufprallen. Deshalb lasse nur ich die Menschen aufprallen, denn ich habe Angst bei meinem nächsten Aufprall ganz zu zerbrechen. Die Ungewissheit, ob es nicht mein letzter Aufprall gewesen sein könnte.
In kurzen Momenten erwische ich mich dabei. Wie ich kurz davor bin, mich doch noch ein letztes Mal fallen zu lassen. Wie ich hoffnungsvoll erwarte, es könnte da noch etwas geben, von dem ich dachte, es sei für immer verschwunden… Träume von Menschen, die ich nicht einmal kenne. Als könnten sie lebendig werden und gleichzeitig mich zum Leben erwecken. Der Grund, warum Menschen Geschichten erzählen, ist der, dass sie Menschen Leben einhauchen wollen. Etwas in mir will etwas tot Geglaubtes zum Leben erwecken. Dabei vergesse ich fast, dass alles was lebt auch wieder sterben kann. Bedenke deine Sterblichkeit, Mensch! Und vielleicht lass ich mich gerade deshalb früher oder später wieder fallen.
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